Fachkräftemangel
Fachkräftemangel, Foto: pixabay

In Berlin leisten Lehrkräfte jährlich rund zwei Millionen unbezahlte Überstunden. Das zeigt eine neue Untersuchung der Universität Göttingen gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Rund 1.200 Lehrerinnen und Lehrer hatten dafür ihre Arbeitszeit im Schuljahr 2023/24 dokumentiert. Zusätzlich wurden etwa 2.700 online befragt. Die Ergebnisse offenbaren erhebliche strukturelle Probleme im Berliner Schulsystem.

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Gymnasien und Teilzeitkräfte besonders betroffen

Lehrkräfte an Gymnasien verzeichnen die längsten Arbeitszeiten. Besonders betroffen sind jene mit zwei Fremdsprachenfächern. Diese Gruppe überschreitet regelmäßig die gesetzlich erlaubte Wochenarbeitszeit von 48 Stunden. Auch Teilzeitkräfte zeigen eine überdurchschnittlich hohe Belastung. Viele entscheiden sich bewusst für Teilzeit, um das hohe Arbeitspensum zu bewältigen, arbeiten aber dennoch oft deutlich mehr als vertraglich vereinbart.

Die Studie belegt, dass fast zwei Drittel aller Lehrkräfte unbezahlte Überstunden leisten. Das Ausmaß der Mehrarbeit ist dabei nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ problematisch: Viele der Aufgaben entstehen außerhalb des klassischen Unterrichts – etwa durch Vor- und Nachbereitung, Elternkontakte, Konferenzen oder administrative Tätigkeiten.

Ursachen: Fachkräftemangel und digitale Belastung

Zentrale Gründe für die Mehrarbeit sind laut Studie der akute Personalmangel, eine zunehmend heterogene Schülerschaft und die fortschreitende Digitalisierung. Gerade Letztere bringt zusätzliche Anforderungen an Lehrkräfte mit sich, etwa durch technische Probleme, mangelnde Ausstattung oder fehlende Schulungen. Auch die Vielfalt an kulturellen Hintergründen und Bildungsniveaus unter den Schülerinnen und Schülern erschwert die tägliche Arbeit erheblich.

Die Bildungsgewerkschaft spricht von struktureller Überlastung. Diese sei durch das Engagement der Lehrkräfte kurzfristig kompensierbar, langfristig jedoch nicht tragbar. Die unbezahlte Mehrarbeit entspreche rechnerisch der Arbeitsleistung von über 1.300 zusätzlichen Vollzeitstellen.

GEW fordert konkrete Maßnahmen vom Senat

Die GEW Berlin verlangt sofortige Maßnahmen zur Entlastung der Lehrkräfte. Dazu gehören mehr Personal, verlässliche Arbeitszeiterfassung und verbindliche Vereinbarungen mit den Personalräten über den Umgang mit Mehrarbeit. Die Vorsitzende Martina Regulin sieht in der aktuellen Situation eine chronische Überforderung, die dringend gestoppt werden müsse.

Die Studie zeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Berlin steht vor der Herausforderung, die Belastung der Lehrkräfte nachhaltig zu reduzieren, um Qualität und Stabilität im Schulwesen langfristig zu sichern.

Wesentliche Ergebnisse auf einen Blick

  • 2 Millionen unbezahlte Stunden jährlich
  • Über 1.300 Vollzeitstellen würden dadurch ersetzt
  • 30 Prozent der Vollzeitkräfte arbeiten über 48 Stunden pro Woche
  • Teilzeitkräfte besonders stark betroffen

Quelle: RBB24